Grundlegend bewirkt die Corona-Krise eine Verstärkung der bestehenden Divergenz der Nachfrage- und Angebotsverhältnisse, wodurch in diesem Jahr ein hohes Arbeitskräftesaldo zu verzeichnen ist. Wesentliche Gründe für diese Entwicklung sind die getroffenen Eindämmungsmaßnahmen, wie vermehrte Schließungen von Institutionen und Organisationen, sowie der generelle Konsumrückgang von Gütern und Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang vermeiden Organisationen und Institutionen Neueinstellungen und kurzfristig angelegte Beschäftigungsverhältnisse, wie auch externe Partnerschaften. Somit sind Minijobber, Berufseinsteiger und Selbstständige besonders von einem Nachfragerückgang betroffen. Auch das bereits aufgrund der Akademisierung bestehende Überangebot von HochschulabsolventInnen bestimmter Fachrichtungen auf dem Arbeitsmarkt, nimmt mit der Corona-Krise zu. Ebenso nimmt die Nachfrage der beruflich ausgebildeten Fachkräfte insgesamt ab, obwohl diese Berufsgruppe in den letzten Jahren zum Fachkräftemangel tendiert. So stellt jene Berufsgruppe eine Ausnahme dar, die in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise eine geringere Divergenz zwischen Angebot und Nachfrage als in den Jahren zuvor aufweist. Für den Gesundheitssektor und den MINT-Bereich steigt die Nachfrage aufgrund der Corona-Krise durch vermehrte Krankenstände und Interessenausprägungen in IT-Manifestierungen, wie beispielweise Home-Office-Tools, während das Angebot sinkt. Darüber hinaus sinkt das Arbeitsangebot der von Gruppen wie Leiharbeitern durch Mobilitätsrückgänge. Nun stellt sich jedoch die Frage, wie sich die beschriebenen Divergenzen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesamtwirtschaft momentan bemerkbar machen.
Die Wirtschaft in Deutschland erholt sich nach dem Frühjahr, im dritten Quartal deutlich. Da nun für den November jedoch weitere Eindämmungsmaßnahmen beschlossen wurden, wird die wirtschaftliche Dynamik im vierten Quartal nochmals unter den Folgen der Eindämmungsmaßnahmen nachlassen. Jedoch sollte der massive Wirtschaftseinbruch aus dem zweiten Quartal des Jahres 2020 ausbleiben. Insgesamt ist das reale BIP um rund 5,1% im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft, da die Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 aufgrund von Corona-bedingten Einschränkungen, wie beispielsweise dem Exportrückgang, deutlich geschwächt war. Des Weiteren sind die Arbeitslosenzahlen zu Beginn der Corona-Krise enorm gestiegen. Im Oktober sinken die Zahlen jedoch schon um 87.000 Menschen mehr als in den Vormonaten. Während Männer und Frauen von der Arbeitslosigkeit ungefähr gleich betroffen sind, stellen Variablen wie Alter und Bildungsgrad Differenzen in ihren Ausprägungen dar. Jüngere Menschen, die am Beginn ihres Erwerbslebens stehen, sind weniger etabliert und verlieren eher ihre Arbeit als ältere Arbeitskräfte. Ebenso sind Personen ohne Berufsausbildung eher von Corona-bedingter Arbeitslosigkeit betroffen als Personen mit betrieblicher/schulischer Ausbildung oder AkademikerInnen. Neben Selbstständigen sind besonders geringfügig Beschäftigte und ArbeitnehmerInnen mit befristeten Verträgen von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen. Außerhalb der Arbeitslosigkeit ist auch die Unterbeschäftigung ein großes Thema, welches mit der Corona-Krise aufgekommen ist. Die Jahresarbeitszeiten sind gegenüber dem Vorjahr drastisch kürzer. Unter anderem ist die Entwicklung der Arbeitsausfälle auf die zuvor erwähnten Schließungen, sowie auf die schwache konjunkturelle Entwicklung, zurückzuführen. Demnach ist die Inanspruchnahme der Kurzarbeitszeiten gestiegen, die dafür sorgen soll, dass MitarbeiterInnen gehalten werden können.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt in den Teilbereichen am stärksten vortreten, die ohnehin vergleichsweise stark von Arbeitslosigkeit bzw. einer geringen Arbeitsnachfrage betroffen sind. Falls jedoch entsprechende Maßnahmen getroffen werden und die Infektionszahlen in den nächsten Jahren sinken, ist für das Jahr 2022 mit einer einsetzenden Erholung und Rückführung der Arbeitsmarktnachfrage auf das Vorkrisenniveau zu rechnen. Sowohl staatliche Maßnahmen, wie Kurzarbeitergeld, Liquiditätshilfe für Betriebe und Selbstständige, zinsfreie Kredite, Einstellungszuschüsse in Form von Übernahmen der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, als auch betriebliche Maßnahmen, wie die Absicherung der betrieblichen Ausbildung und der Übernahme nach Ausbildungsschluss und stärkere Investitionstätigkeit in Bereiche wie das Humankapital (beispielsweise Bildungsboni), sollten konstant aufrechterhalten werden, sodass die Neueinstellungsdynamik wieder steigt und die Krise lediglich einen Einbruch statt eines Umbruchs auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt.