Oftmals wird der Begriff „Work-Life-Balance“ mit dem ausgewogenen Verhältnis von Erwerbs- und Privatleben gleichgesetzt und mit einer Waage assoziiert. Die Waage suggeriert, dass die Bereiche Arbeit und Privatleben keine integralen Bestandteile besitzen und die gewünschte Balance nur dann vorliegt, wenn sich die beiden Bereiche genau im Gleichgewicht befinden. Eine solche theoretisch Annahme ist jedoch in der gegenwärtigen Gesellschaft nicht auffindbar. Zum einen ist die Wahrnehmung einer Balance sehr individuell und kann somit nicht universell mit einem Gleichgewicht beschrieben werden. Auch die dem Konzept zugrunde liegende, implizierte belastende Wirkung von Arbeit und entlastende Wirkung von Freizeit gilt es von universeller Geltung freizusprechen. Zum anderen findet vermehrt eine Flexibilisierung der Arbeitswelt und damit eine Verschmelzung von Arbeitszeit und Freizeit statt. Aspekte des Berufes treten in das Privatleben ein und Aspekte des Privatlebens in den Beruf, wodurch die klare Trennung der beiden Lebensbereiche nicht mehr möglich ist. So spielt bei dem modernen Konzept der „Work-Life-Balance“ eher eine Vereinigung von individuellen Bedürfnissen und Verpflichtungen verschiedener Ebenen (Gesundheit, Soziales, Erfolg etc.), die sowohl von einzelnen Lebensphasen als auch von Berufsphasen geprägt sind, die zentrale Rolle.
Die betrieblichen Work-Life-Balance-Maßnahmen sollten darauf abzielen, erfolgreiche Berufsbiographien unter Berücksichtigung von privaten, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Erfordernissen zu ermöglichen. Dabei gilt es wichtige Lebensereignisse oder besondere Lebensphasen mit einzelnen Berufsphasen zu vereinen (sog. „Matching“). Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise die Lebensphase „Elternzeit“ und die Berufsphase „Einstieg“ durchlebt, ist es sinnvoll von Seiten des Betriebes unter anderem Kontakthalteprogramme für die Elternzeit anzubieten. Insgesamt lassen sich sieben Handlungsfelder benennen, in welchen solche „Matching-Maßnahmen“ durchgeführt werden können: Arbeitszeitflexibilisierung, Arbeitsortflexibilisierung, Informations- und Kommunikationspolitik, Führungs- und Unternehmenskultur, Gesundheitsförderung und Personalentwicklung. Derzeit sind besonders Maßnahmen innerhalb der Familienpolitik, die Erweiterung von Handlungsspielräumen sowie flexible Arbeitszeiten und auch Bewegungsangebote gewünscht. Die Konzeption der Work-Life-Balance-Maßnahmen sollte auf dem Gedankengerüst aufbauen, dass nicht nur Hilfestellungen für außerbetriebliche Momente zur Work-Life-Balance beitragen, sondern die Erfüllung von Bedürfnissen bereits am Arbeitsplatz beginnen kann und so auch eine positive Assoziation mit der Arbeit schafft. Beispielweise kann das Bedürfnis der sozialen Kontakte auch am Arbeitsplatz mit Maßnahmen wie ausreichend Kontakträumen oder Ähnlichem abgedeckt werden. Wichtig ist dabei, die Angebote so zu präsentieren, dass die Beschäftigten keine negativen Karrierekonsequenzen bei der Nutzung fürchten. Ebenso ist der Betrieb auf eine sehr flexible Personalpolitik angewiesen, da sich die Belegschaft und ihre Bedürfnisse bzw. Lebensphasen mit dem demographischen Wandel verändern, wie auch die Berufsphasen und Ziele des Unternehmens sowie äußere, z.B. politische, Rahmenbedingungen.
Unternehmen und Betriebe können jedoch nur die Rahmenbedingungen schaffen, die ihre Beschäftigten bei der Work-Life-Balance unterstützen. Die Beschäftigten sind dabei ebenso in der Verantwortung, ihre Balance zu erhalten. Sie müssen sich durch gute Selbstorganisation und die Stärkung ihrer Fähigkeiten in die Lage versetzen, sich innerhalb der verschiedenen Lebensbereiche und Berufsphasen immer wieder aufs Neue in Balance bringen zu können. Um eine besonders erfolgreiche Ausprägung der „Work-Life-Balance“ zu erreichen, sollten sich Arbeitnehmer zunächst die Frage stellen, welche Ebenen des Lebens für sie besonderer Relevanz unterliegen. Weiterhin geht es darum, herauszufinden, wieviel Zeit und Energie man in welchen Bereich stecken muss, um an sein persönlich bestes Ergebnis zu gelangen (unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen, z.B. feste Arbeitszeiten, Verpflichtungen etc.) Auch das Hinterfragen von eigenen Handlungssträngen und Gewohnheiten kann zu den Work-Life-Balance-Maßnahmen gezählt werden. Grundsätzlich sollte auch bei den individuellen Planungen die Arbeitszeit nicht vollkommen von der Freizeit getrennt oder gar negativ gewichtet werden. Entsprechend sollte ein Arbeitnehmer aktiv an den Balance-Angeboten des Arbeitgebers teilnehmen und zusätzlich keinesfalls über die eigenen Belastungsgrenzen gehen (z.B. trotz Krankheit zur Arbeit gehen). Mit einer derartigen Einstellung generiert ein Arbeitnehmer mehr Zeit, die genutzt werden kann, um anstrengende Arbeits- oder Freizeitelemente mit positiven auszugleichen.