Abbildung 1: Bewertung der attraktivsten Arbeitszeitmodelle in Prozent
Das flexible Arbeiten oder auch „Flexwork“ wurde bereits von vielen deutschen Unternehmen in der Form von unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen etabliert. So schätzen die meisten Arbeitnehmer in Deutschland ihren Arbeitsplatz als eher flexibel ein. Jedoch existieren Branchenunterschiede, die sich vor allem im Vergleich der Geistes- und Sozialwissenschaften mit der IT-Branche feststellen lassen. Während viele Geistes- und Sozialwissenschaftler ihren Arbeitsplatz als unflexibel einschätzen, geben zahlreiche Arbeitnehmer der IT-Branche an, längst von Optionen der flexiblen Arbeit gebrauch zu machen. Mit der Corona-Krise hat sich jedoch in nahezu allen Branchen, die nicht von der Arbeit vor Ort bedingt sind oder datenschutzrechtlichen Problematiken unterliegen, gezeigt, dass die Etablierung des flexiblen Arbeitens in kürzester Zeit möglich ist. Die Gleitzeit mit Stundenerfassung und die Vertrauensarbeitszeit inklusive Kernarbeitszeit sind in den deutschen Unternehmen bereits vor der Corona-Krise sehr flächendeckend verbreitet. Hingegen eher selten findet man in den Unternehmen Modelle wie Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonten und auch die Wahlarbeitszeit im Rahmen einer festgelegten Stundenzahl. Eine gegenwärtig besonders beliebte Form der flexiblen Arbeit ist die Home-Office Option. Remote Work ist hingegen in den deutschen Unternehmen noch nicht so angekommen wie beispielsweise in skandinavischen oder Benelux Ländern. Unter den Home-Office Tools werden derzeit VPN-Zugänge, E-Mail und Telefon am häufigsten verwendet, während moderne Cloud- Lösungen und Kommunikationstools noch etwas seltener eingebunden werden.
Auffällig ist nun, dass der Ist-Zustand der flexiblen Arbeit in deutschen Unternehmen nicht dem Soll- Zustand entspricht. So ist beispielsweise der Bedarf nach Remote Arbeit groß, denn die Arbeitnehmer sehen dadurch die Chance für mehr Entscheidungsfreiheit und eine gute Möglichkeit, Privatleben und Berufsleben in Einklang zu bringen. Im Durchschnitt sind darüber hinaus Modelle, wie Gleitzeit mit Stundenerfassung und Lebensarbeitszeitkonten für Sabbatics, Bildungsurlaube oder Elternzeit, wie auch die Funktionsarbeitszeit ohne feste Anwesenheitszeiten am attraktivsten. Weniger beliebt sind Jahresarbeitszeitkonten für Saisonarbeit, Teilzeit oder auch Zeiterfassungen mit Anwesenheitszeiten. Abweichungen sind im Generationenvergleich von Generation Z und Y erkennbar. Die jüngere Generation Z ist weitaus mehr an dem Lebensarbeitszeitkonto interessiert als Generation Y, während Generation Y Funktionsarbeitszeiten ohne feste Anwesenheit attraktiver bewertet als Generation Z. Auch innerhalb der Fachkräftegruppen bestehen Präferenzunterschiede. Beispielweise präferieren Geistes- und Sozialwissenschaftler die Zeiterfassung inklusive Anwesenheitszeiten, während dieses Modell unter den Wirtschaftswissenschaftlern eher als unbeliebt angesehen wird. Eine interessante Erkenntnis ist, dass die meisten Arbeitnehmer trotz dem Wunsch nach flexibleren Arbeitszeitmodellen nicht auf die Arbeit im Büro verzichten wollen. Am beliebtesten scheint ein Modell zu sein, welches vorsieht, dass die Arbeitnehmer ein bis zwei Tage im Monat im Homeoffice verbringen. Weiterhin werden auch Teilzeit-Lösungen immer beliebter, besonders für jüngere Arbeitnehmer. Durchschnittlich wird eine wöchentliche Arbeitszeit von ca. 35 Stunden als erstrebenswert angesehen. Zuletzt sind Zeiterfassungen insgesamt beliebter als Vertrauensarbeitszeiten, da viele Arbeitnehmer besonders im Home-Office zu Überstunden neigen.
Derzeit ist einer der größten Vorteile der flexiblen Arbeit die Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Corona-Maßnahmen und Produktivität. Darüber hinaus existieren weitere Vorteile, die von Arbeitnehmern wahrgenommen werden und die Vereinbarkeit des Ist-Zustandes der flexiblen Arbeit mit dem Soll-Zustand zu einem wichtigen Ziel der deutschen Unternehmen machen. Viele Arbeitnehmer sehen in der flexiblen Arbeit den Vorteil in der besseren Balance von Berufs- und Privatleben. Dabei spielen Aspekte, wie Zeitersparnis beim Arbeitsweg, Selbstbestimmung des Lebensmittelpunktes und Veränderungen von Reisen eine entscheidende Rolle. Insbesondere ist auch die Entscheidungsfreiheit, welche sich aus den flexiblen Modellen ergibt, ein wichtiger Faktor für Arbeitnehmer. Zudem wird deutlich, dass die Konzentrationsfähigkeit und Produktivität im Homeoffice oftmals besonders von Frauen besser bewertet wird als am traditionellen Arbeitsplatz. Zuletzt ist der Datenbasis zu entnehmen, dass einige Tage Abwesenheit im Büro keine negativen Folgen für den Teamzusammenhalt verzeichnen.
Insgesamt bestehen Diskrepanzen zwischen dem Ist- und dem Soll-Zustand der flexiblen Arbeitszeitmodelle in Deutschland. So wird von den Arbeitnehmern eine flexible Arbeitszeitgestaltung gewünscht, welche in die Arbeitszeiterfassung eingebettet ist, um Überstunden zu vermeiden und nur zu einem geringen Teil außerhalb des Büros stattfinden soll. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Anpassungen schneller möglich sind als zuvor erwartet wurde. Damit liegt die Verantwortung der Unternehmen und auch der Arbeitnehmer darin, die gesammelten Erfahrungen und Daten zu nutzen, um die Infrastruktur auf die Zeit nach der Krise möglichst gut vorzubereiten.